16 Jahre nach dem Ende des 1. Weltkriegs und dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft in Afrika, vom 1. Juli bis 2. September 1934, fand in Köln die Deutsche Kolonialausstellung statt.
Das Eröffnungsdatum 1. Juli war nicht zufällig gewählt, wie im Vorwort zur Ausstellungsbroschüre betont wurde. Es war der „Erinnerungstag des Erwerbs deutschen Kolonialbesitzes“ 50 Jahre zuvor auf der so genannten Kongo-Konferenz in Berlin. Die Ausstellung wurde vom Reichskolonialbund veranstaltet und sollte dem Kölner Publikum das koloniale „Projekt“ nahe bringen.
Als Schutzherren der Ausstellung zeichneten so illustre Namen wie Gouverneur a.D. Dr. Heinrich Schnee, Reichsstatthalter Franz Xaver Ritter von Epp, Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, alles verdiente „Alte Afrikaner“. Schnee, Präsident des Reichskolonialbundes, bemerkt in seinem Geleitwort: „Die Deutsche Kolonialausstellung in Köln 1934 soll dazu beitragen, den kolonialen Gedanken in die Herzen und Köpfe einzupflanzen, damit das deutsche Volk die ungeheure Bedeutung überseeischen Besitzes für Deutschland erkennt. Gerade unsere Schwierigkeiten der Einfuhr von Rohstoffen aus Übersee müssen jedem Deutschen zu denken geben. Wie anders würden wir dastehen, wenn wir diese Rohstoffe aus eigenen Kolonien einführen könnten! Wir müssen uns darüber klar werden: Ohne Kolonien Armut und Not, mit Kolonien Arbeit und Brot!“ Reduziert Schnee hier interessanterweise die Kolonien auf ihre Funktion als Rohstofflieferanten, so propagiert der Vorsitzende des Reichskolonialbundes, Ortsverband Köln, Kettniß, die Rückgabe der Kolonien als Volksforderung. „Reichseigene Kolonien“, so listet er in seiner Einleitung auf, „liefern überseeische Rohstoffe ohne Devisenhergabe, sichern Absatzmärkte für deutsche Erzeugnisse, verbreitern den Geltungsbereich der Reichsmark, bieten Lebensraum für deutsche Volksgenossen, weiten das Blickfeld für die strebsame deutsche Jugend, geben Anreiz für Kapitalanlage deutschen Unternehmertums unter deutschem Recht, tragen zur Umsatzbelebung des Inlandgeschäftes bei, machen unabhängig vom Ausland, fördern deutsche See- und Weltgeltung, sind eine Lebensfrage für die deutsche Wirtschaft.“ Mit mehr Pathos beschreibt ein Artikel aus der Saarbrücker Zeitung vom 29. Juli 1934 die Zielsetzung der Ausstellung: „Die Ausstellung ist ein Ort der Erinnerung, der Besinnung und schmerzlichen Bedauerns. Zugleich geht von ihr eine Aufforderung aus, eine Frischung und Stärkung des Bewusstseins von der Notwendigkeit der Kolonien für ein europäisches Volk, dessen Grenzen viel zu eng sind. Am Eingang der Ausstellung hängt die Fahne, die alte, echte Fahne, die Wissmann mit sich führte. Sie ist noch unverbraucht.“
Die Ausstellung gliederte sich in zwei Hauptgruppen: 1. Koloniale Wirtschaft und Heimat und 2. Die einzelnen Kolonien und die koloniale Bewegung. Gemäß der seit 1896 etablierten Kolonialaustellungstradition gab man einen Überblick über die afrikanischen Kulturen, übrigens mit Leihgaben aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum, präsentierte Länderabteilungen, dann thematische Bereiche wie Kolonialwirtschaft, koloniale Schularbeit, Tropenhygiene, Missionen, aber auch Zoologie und Insektenkunde. „Auf kluge Weise“, heißt es in dem Artikel aus der Saarbrücker Zeitung, „ist die wirtschaftliche Verbindung zwischen Kolonie und deutscher Industrie veranschaulicht.“ Um den Besuchern das Fremde näher zu bringen, hat man „lebende Vegetationsbilder“ geschaffen und sogar eine echte Baumwollkultur angelegt. Man konnte – für die Zeit sicher kein alltäglicher Genuss – frische Anananas und Bananen aus Kamerun kosten. Außerdem hatte man Süßkartoffeln, Reis, Zuckerrohr, Kaffee, Kakao und Gewürzpflanzen aus den ehemaligen Kolonien importiert.
Der Kölner Geograph und „Afrikaforscher“ Prof. Franz Thorbecke hatte einige Räume eingerichtet, in denen die Arbeit wissenschaftlicher Expeditionen dargestellt wurde. Ein „echtes Expeditionszelt“ stand im Zentrum dieser Abteilung, und der Betrachter erfuhr, „von den Mühen und Strapazen, die die Herstellung einer Kolonialkarte“ erforderte.
Zwar hatte man auf eine begleitende „Völkerschau“ verzichtet, dafür präsentierte man Gipsabformungen „der Köpfe aussterbender Rassen“, die der Deutsche Hans Lichtenecker 1931 in der Kolonie „Deutsch-Südwest“ (heute: Namibia) angefertigt hatte. Der 1891 geborene Lichtenecker hatte Abdrücke von den Gesichtern, aber auch von Gliedmaßen von Nama, San und Herero genommen. Dies geschah vorgeblich aus wissenschaftlichen Gründen. Lichtenecker handelte im Auftrag des Anthropologen und „Rassenhygienikers“ Prof. Dr. Eugen Fischer, der zuvor Untersuchungen an den „Rehobother Bastards“ vorgenommen hatte. Fischer kann als Vordenker der nationalsozialistischen Rassentheorien und der „ Endlösung der Judenfrage“ gelten. Insgesamt 30 der von Lichtenecker hergestellten Köpfe wurden den Besuchern gezeigt.
Damit man sich intensiver über koloniale Themen informieren konnte, wurden in einer Broschüre die einzelnen Bereiche der Kolonialausstellung nochmals vorgestellt. Auch die begleitende Werbung war dem Anlass angemessen. „Kommst du nach Köln zum schönen Rhein. Im Restaurant Tucher am Dom kehr‘ ein!“ Das ‚Restaurant des Fremden“ wurde es genannt wegen des prominenten „Mohren“, den Tucher auch heute noch in seinem Emblem hat.
Letzte Aktualisierung am: 27.03.2008