Köln Postkolonial

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Koloniale Sonderschau auf der Pressa – 12. Mai bis 14. Oktober 1928

Jessica Agoku

Am 12. Mai 1928 wurde die Internationale Presseausstellung unter dem Namen „Pressa“ auf dem Messegelände in Köln-Deutz eröffnet. Besonderes Ziel der Ausstellung war es, der zunehmenden Bedeutung des Zeitungswesens gerecht zu werden und hauptsächlich „beim Fremdpublikum Achtung vor den kolonialwissenschaftlichen Leistungen und Forschungen der Deutschen zu erwecken bzw. erneut zu vertiefen“.

Die Pressa sollte alle vergleichbaren Ausstellungen und Messen in den Schatten stellen. Es wurden, obwohl das Geld knapp bemessen war und immer wieder Briefe an das Auswärtige Amt in Berlin mit der Bitte um finanzielle Unterstützung geschrieben werden mussten, weder Kosten noch Mühen gescheut, um die Ausstellung ins rechte Licht zu rücken – mit Erfolg:

Während der 6 Monate andauernden Ausstellung verzeichnete die Pressa mehr als 5 Millionen Besucher. Allein bei der Eröffnungsveranstaltung erschienen zahlreiche Regierungsmitglieder sowie 200 ausländische Diplomaten; sie alle hatten die Möglichkeit, sich mit den Presseerzeugnissen von mehr als 1.500 Ausstellern aus 43 Ländern vertraut zu machen.


Blick in die „Koloniale Sonderschau“ auf der Pressa

 

Um die „kolonialwissenschaftlichen“ Leistungen der Deutschen auf der Pressa besonders hervorzuheben, plante die Ausstellungsleitung der Pressa eine „koloniale Sonderabteilung“ und gliederte diese in drei Unterabteilungen:

  1. Ausstellung der in den deutschen Kolonien erschienenen und noch erscheinender Periodica, insbesondere Zeitungen und Zeitschriften. Dieser Abteilung hätte im Wesentlichen eine historische Übersicht zu bieten und die Entwicklung des betreffenden Schrifttums von seinen ersten primitiven Anfängen bis in die Kriegszeit hinein darzustellen. Neben den Presse-Erzeugnissen aus den Kriegsgefangenenlagern würde weiterhin die jetzt in Deutschsüdwestafrika erscheinende deutsche Presse zu behandeln sein.
  2. Die koloniale Fachpresse der Heimat. Neben den umfangreichen wissenschaftlichen Leistungen der deutschen Kolonialforschung, die einen breiten Raum in der deutschen Publizistik einnehmen, würde hier die außerordentlich reichhaltige Vorkriegsliteratur darzustellen sein sowie die zur Zeit bestehende gesamte koloniale Presse aller Arten.
  3. Missionszeitschriften in deutscher und in eingeborenen Sprachen unserer Kolonien. Das vorhandene Material, […] umfasst nahezu 200 Zeitungen und Zeitschriften […].“

 


Detailaufnahme von der „Kolonialen Sonderschau“. Das Zitat von Konrad Adenauer am linken Rand zeugt von seinem Engagement in der kolonialrevanchistischen Bewegung. Afrika wird als menschleerer Raum konstruiert, in der für eine deutsche Besiedlung zur Verfügung steht.

 

Neben der Werbung für die „kolonialen Leistungen“ der Deutschen im Ausland spielte auch die Propaganda eine große Rolle, wie in einem Brief von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, Vorsitzender des Kolonialkriegerdanks, an das Auswärtige Amt in Berlin nachzulesen ist:

„Um die beabsichtigte Propagandawirkung nicht zu beeinträchtigen, erscheint es daher auch unter Berücksichtigung dieses Umstandes notwendig, die vorgeschlagene koloniale Gruppe als vollständig selbständige Schau zu organisieren. […] Die Ausstellung soll ständig mit zwei kolonialerfahrenen, in Fremdsprachen bewanderten und redegewandten Herren besetzt werden, die sich auch die Abgabe von Propagandaschriften angelegen sein müssen.“

Schriftstücke wie dieses, sind in den erhaltenen Aktenbeständen zur Pressa vielfach zu finden; wieder und wieder wird hervorgehoben, dass der kolonialen Sonderausstellung besondere Aufmerksamkeit zu gelten hat: „[…] muss die koloniale Sonderschau, wenn sie überhaupt den kolonialen Zweck erfüllen soll, in irgend einer Form sich aus der Allgemeinheit heraus heben.“

 


Detailaufnahme von der „Kolonialen Sonderschau“. Deutschlands Position im Vergleich mit den übrigen europäischen Kolonialmächten sollte noch einmal die Schmach des Verlusts der Kolonien verdeutlichen.

 

Die Tatsache, dass die Verantwortlichen der Pressa den „kolonialen Leistungen“ Deutschlands besondere Beachtung schenken wollten, ist insofern interessant, als seit dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Verlust der Kolonien rund ein Jahrzehnt vergangen war. Die Überheblichkeit der Beteiligten spiegelt sich in ihren Aussagen und in der Art der Veranstaltung wieder:

„Der in der Vorbesprechung gestreifte Plan, etwa durch Schwarze eine einfache Druckerei-, wie wir sie in unseren Schutzgebieten gehabt haben, im Betrieb vorzuführen und durch sie mehrsprachige Propagandablätter zum Verteilen an die Besucher herstellen zu lassen, ist wegen der Unzuverlässigkeit der hiesigen Schwarzen aufgehoben worden.“

Mit Wehmut erinnert die Presse in Berichten, die der Eröffnung der Pressa vorangehen, an die verlorenen Kolonien:

„Wir wandern weiter durch die untere Halle der deutschen Zeitschrift und gelangen zunächst in eine der Sonderschauen „Die deutsche Kolonie“ – in wehmütiger Erinnerung sehen wir auch hier wieder im Spiegelbild der Zeitschrift, die teils sich mit Kolonialwissenschaft und -wirtschaft beschäftigte und auch heute noch beschäftigt, (…) was dem deutschen Reiche roh und rücksichtslos von seinen Feinden entrissen wurde...“

Detailaufnahme von der „Kolonialen Sonderschau“. Das vermeintliche koloniale “Idyll“ wird heraufbeschworen. Im Begleittext heißt es: „Kolonien ermöglichen sicheren Rohstoffbezug: Das Geld bleibt im Lande. Deutsche Arbeiter finden Lohn und Brot. Die deutsche Industrie gewinnt Absatzgebiete.

 

Schaut man sich die Zeitungsberichte aus jener Zeit genauer an, fällt auf, dass kaum ein Wort über das Leid und die Ausbeutung der ehemals kolonisierten Länder verloren wird – und wenn doch, dann auf entwürdigende und herablassende Art und Weise.

Werbeanzeigen aus dieser Zeit unterstreichen die Gier nach mehr Rohstoffen und sogenannter „Wissenschaft“ – man trauert um die verlorenen afrikanischen Kolonien und fühlt sich betrogen; es scheint ferner so, als hätten Anhänger der Kolonien den Gedanken, die einstigen Schutzgebiete verloren zu haben, schlichtweg verdrängt.

Die ehemaligen kolonialen „Untertanen“ mussten sich schließlich in der Tradition der Völkerschauen als unzivilisierte Fremde in einem eigens aufgebauten afrikanischen Dorf präsentieren. Die dafür angeworbenen Afro-Deutschen trugen, wie eine kurze Filmaufnahme von der Pressa zeigt, die obligatorischen Baströckchen und führten „wilde“ Schwerttänze auf. Die kolonialen Afrika-Bilder wurden so weiter transportiert, um Notwendigkeit der Rückgewinnung der Kolonien zu propagieren.

 

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Letzte Aktualisierung am: 09.02.2009