Köln Postkolonial

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Das „Afrika-Viertel“

Marianne Bechhaus-Gerst

Karte des Afrika-Viertels
Lage der „Afrika-Straßen“ in Köln-Nippes

Der Hintergrund

Straßennamen spiegeln Geschichte wider – so auch die des im Nippeser Norden gelegenen „Afrika-Viertels“, den Kölnern auch als „Klein Afrika“, „Heia Safari-Viertel“ oder sogar „Neger-Viertel“ bekannt. Das Viertel ist ein kolonialer Gedächtnisraum, dessen Namensgebung mit der in Köln starken neokolonialen Bewegung der dreißiger Jahre zusammenhängt. Deutschland hatte zwar seine Kolonien mit dem Ende des Ersten Weltkriegs verloren, seine kolonialen Ambitionen aber keineswegs aufgegeben. Forderungen nach Rückgewinnung der Kolonien wurden laut, eine starke neokoloniale Bewegung entstand. Auch die nationalsozialistische Machtübernahme änderte nichts an diesen Ambitionen – im Gegenteil. Auf zahlreichen kolonial-propagandistischen Veranstaltungen wehrte man sich gegen den Vorwurf der alliierten Siegermächte, Deutschland habe in seinen Kolonien versagt, und sprach in diesem Zusammenhang von kolonialer Schuldlüge. In diesem Klima konnte 1934, also 16 Jahre nach dem Verlust der Kolonien, eine Kolonialausstellung stattfinden. Zur selben Zeit konnte man mit der Benennung von Straßen nach kolonialen Akteuren oder ehemaligen „Schutzgebieten“ die Erinnerung an die ehemalige vermeintliche Größe wach halten, eine große Öffentlichkeit erreichen und die Forderung nach Rückgabe unterstützen.

Mit offiziellen Forderungen nach Rückgabe der Kolonien hielt man sich übrigens zunächst zurück, da man um einen Ausgleich vor allem mit Großbritannien bemüht war. Bereits 1936 jedoch erhob Hitler im Reichstag erstmals öffentlich die Forderung nach Rückgabe der deutschen Kolonien. Der Plan eines afrikanischen Großreiches entstand. Erst mit dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 verloren die kolonialpolitischen Ambitionen des NS-Regimes an Bedeutung. Dieser Prozess verstärkte sich, als sich die militärische Lage zunehmend verschlechterte, bis die kolonialpolitischen Pläne schließlich ganz aufgegeben wurden. Das Jahr 1941 bildet damit einen Endpunkt für die neokoloniale Bewegung in Deutschland.

Das Afrika-Viertel

Das Gebiet, in dem bis 1932 die Fabrikanlage Krätzer & Wirtgen stand, sollte nach den Planungen in den Jahren 1933/1934 als eine gehobene Wohnanlage mit 60 Eigenheimen gestaltet werden. Gebaut wurde zwischen 1935 und 1938, die offizielle Straßenbenennung der Straßen erfolgte am 9. Januar 1935.1 Drei Straßen erhielten die Namen vermeintlicher kolonialer Helden: Gustav-Nachtigal-Straße, Carl-Peters-Straße und Lüderitzstraße. Damit ehrte man jene Männer, die die afrikanischen Kolonien mehr oder weniger gewaltsam für das Deutsche Reich angeeignet hatten. Zwei Straßen wurden nach den ehemaligen Kolonien „Kamerunstraße“ und „Togostraße“ genannt. Mit der „Tangastraße“ wollte man an die aus deutscher Sicht „ruhmreiche“ Schlacht bei Tanga im damaligen Deutsch-Ostafrika gegen eine englische Übermacht erinnern.

Erst Ende der 80er Jahre kam es in der Bezirksvertretung Nippes zu Diskussionen über die kolonialen Benennungen, die 1990 zur Umbenennung der Carl-Peters-Straße in Namibiastraße und der Lüderitzstraße in Usambarastraße kam. Dass es hierbei zu einer geographischen Verkehrung kam – Lüderitz war im heutigen Namibia aktiv und Carl Peters in Deutsch-Ostafrika, dem heutigen Tansania, in dessen Nordosten die Usambara-Berge liegen – war ein Versehen, das erst Jahre später bemerkt wurde.

Die einzelnen Straßen

1 Vgl. Schünemann, Steffen (Hg.) 2006 2. Kölner Straßennamenlexikon. Köln.

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Letzte Aktualisierung am: 09.06.2008